Jedes behördliche oder polizeiliche Messverfahren hat seine technischen und menschlichen Fehlerquellen, die nur der darauf spezialisierte Anwalt aus der Zusammenarbeit mit qualifizierten Sachverständigen kennt und Sie selbst als Betroffener niemals erfahren werden, wenn Sie nicht mit der Materie vertraut sind. Bei dem hier in Rede stehenden Leivtec XV-3 System, einer mobilen Geschwindigkeitsmessanlage, besteht die Besonderheit darin, dass die sog. Rohmessdaten unmittelbar nach der Messung gelöscht werden und nur das Messfoto gespeichert wird.
Mehrere unabhängige Sachverständige belegten durch eigene Prüfreihen Ende 2020 erhebliche Abweichungen beim Einsatz dieses Gerätes und widerlegten die frühere These der PTB (Physikalisch-technische Bundesanstalt), dass eben nicht schon durch deren Zulassungsprüfung des Gerätes der Ausschluss von Fehlmessungen im praktischen Einsatz jederzeit gewährleistet ist. Durch das Fehlen der Rohmessdaten ist bei diesem Messverfahren eine nachträgliche Überprüfung weder durch Sachverständige noch den Hersteller selbst möglich, um Fehlmessungen nachvollziehen zu können.
Dies veranlasste nunmehr den Hersteller des Leivtec XV-3 Systems, im März 2021 seine Kunden anzuschreiben und aufzufordern, vorerst keine amtlichen Geschwindigkeitsmessungen mehr mit diesem Gerät vorzunehmen.
Niemand weiß allerdings, ob das Gerät nicht tatsächlich weiter eingesetzt wird. Denn bei zahlreichen Bußgeldbehörden und Gerichten sowie erst recht nicht in der Öffentlichkeit scheint diese Information angekommen zu sein.
In unserer Kanzlei sind zahlreiche Fälle von Fehlmessungen mit diesem Gerät bekannt. Im Mai 2021 konnten wir eine Einstellung des Bußgeldverfahrens auf Kosten der Staatskasse erreichen, bei dem dieses Messverfahren zum Einsatz kam und gravierende Messfehler aufgedeckt wurden (AG Jülich, Beschluss vom 06.05.2021, Az. 12 OWi 57/21). Wird ein Bußgeldbescheid aber rechtskräftig und werden die Punkte eingetragen, ist es für eine Überprüfung zu spät!
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